Der Froschmäuseler

Autor: Georg Rollenhagen

 

 

Herausgeber 1861:

Herausgeber 2013:

ISBN:

Umfang:

Art:

Größe:

Gewicht:

Preis:

 

Status:

 

Friedrich Seidel

Michael Dietz

978-3-944578-15-6

292 Seiten, Faksimile, schwarz/weiß

Taschenbuch

ca. 15,5 cm x 21,5 cm x 1,8 cm (Breite x Höhe x Dicke; ~75% von DIN-A 4)

ca. 502 Gramm

19,90 € inkl. 7% Umsatzsteuer,

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Der Froschmeuseler,

oder die Geschichte des Frosch- und Mäusekrieges

von
Max Hupfinsloch von Mäuseloch


ist eine epische Fabel von Georg Rollenhagen (Pseudonym = „Max Hupfinsloch von Mäuseloch“, 1542–1609), die im Jahr 1595 entstand. Adaptiert in die heutige Sprache heißt der Titel „Der Froschmäuseler“ (oder ohne „e“ einfach „Froschmäusler“).

Als literarische Vorlage gilt eine pseudo-homerische Fabel – also eine fälschlicherweise dem alt-griechischen Dichter Homer zugeordnete Schrift. Dies ist die sog. „Batrachomyomachia“ (= „Froschmäusekrieg“), eine Parodie auf die Menschen anhand eines Krieg zwischen den Fröschen und den Mäusen.

Bereits diese Geschichte hat ein Vorbild und lehnt sich an die „Geschichte von Frosch und Maus“ des griechischen Fabeldichters Äsop (~600 v.Chr.) an. Amüsant sind in allen Versionen die sprechenden Namen der Akteure, wie

KRUMENDIEB, der Mäuseprinz (griechisch = „Psicharpax“),
BROTNAGER, sein Vater, der König (Troxartes),
PAUSBACK, der Froschkönig (Physignathos),
TAFELLECKER, ein Mäuserich (Leichopinax), und
BRÖCKCHENRÄUBER, auch ein Mäuserich (Meridarpax).

D

ie älteste erhaltene Handschrift von Homers „Froschmäusekrieg“ ist der Codex Baroccianus Nr. 50 aus dem 10. Jahrhundert, den Francesco Barozzi (1537–1604) für die Nachwelt konservierte. Der „Froschmäusekrieg“ wurde bereits 1474 in Brescia (Norditalien) gedruckt und ist damit eines der ersten griechisch gedruckten Bücher, vielleicht sogar das älteste überhaupt.

Die ~400 Verse umfassende pseudo-homerische Schrift hat Rollenhagen auf knapp 20.000 Verse ausgedehnt und der ursprünglichen Handlung zahlreiche Nebenhandlungen und viele Fabeln, Spruchweisheiten, und moralisch-christliche Abhandlungen hinzugefügt.

 


Die Grundhandlung des Buches „Der Froschmäuseler“ ist ein unbeabsichtigter Unglücksfall, an dem der Froschprinz Schuld trägt. Er bietet dem Mäuseprinz an, ihm sein Reich im Teich zu zeigen und nimmt den Nichtschwimmer auf seinen Rücken. Als sich eine Wasser-schlange ihnen nähert, taucht der Frosch ab und die Maus muß ertrinken. Die entsetzten Begleiter der Maus rennen zum Mäusekönig, der daraufhin einen furchtbaren Krieg gegen die Frösche beginnt. Erst das Eingreifen Gottes (bei der antiken Vorlage: des Zeus) kann dem Gemetzel Einhalt gebieten. Rollenhagen läßt die Mäuse und Frösche bei ihren Beratungen zahlreiche Fabeln und Gleichnisse erzählen, die das Problem von Krieg und Frieden von allen Seiten beleuchten.

Eine nette Episode in „Der Froschmäuseler“ beschreibt beispielsweise die Sage vom Mäuseturm in Bingen am Rhein, die auch im gleichnamigen Buch des Herausgebers enthalten ist.

Rollenhagen läßt zahlreiche Probleme und Fragestellungen seiner Zeit in sein Werk einfließen, wie die Klage des Friedens (= „Querela pacis“) von Erasmus von Rotterdam (~1466–1536) oder die Haltung Martin Luthers (1483–1546) zum Bauernkrieg (1524–1526).

Der Autor widmet das Werk Heinrich Rantzau (= Heinrich Ranzow, Pseudonym = „Christianus Cilicius Cimber“, 1526–1598), der zeitweise die Idee eines europäischen Generalfriedens verfolgt hatte, und läßt einen ausgeprägten Pazifismus 1 erkennen, eine Haltung, die wohl auch aufgrund der Belagerung und Zerstörung seiner Heimatstadt Magdeburg in ihm gereift ist.

Rollenhagen knüpft seine Friedenslehre an die damals vorherrschende Ständelehre und die protestantische Tugendlehre an, läßt aber den Frieden immer die bessere Wahl sein.

Schließlich mündet sein Werk in seiner Kernaussage:

„Nur ein Mensch, der im Frieden lebt, kann auch seinen Frieden mit Gott machen.“

Entsprechend ist das Werk inhaltlich aufgebaut: Der Krieg zwischen Menschen, zwischen Staaten, zwischen Mensch und Gott. Der Friede selbst taucht in seinem Werk aber nicht auf: Der Leser muß ihn sich selbst vorstellen, was angesichts der plastischen Kriegsszenen nicht allzu schwierig (gewesen) sein dürfte.

„Der Froschmäuseler“ avancierte wegen seines moralischen Gehalts schnell zum lehrenden „Kinderbuch“ des protestantischen Bürgertums. Zahlreiche Auflagen erscheinen bis ins 19. Jahrhundert hinein. Eine kritische Auflage schließlich schrieb 1989 Dietmar Peil. Roland Richter widmete sich 1974 der Didaktik und der Rhetorik des Stückes.

Die vorliegende Ausgabe von 1861 ist die wohl schönste und am schönsten aufgemachte Version dieses beliebten Epos. Sie enthält einzigartig eine durchgängige, handlungskonforme Bebilderung mit hübschen Zeichnungen, die auch die realistischen Szenen ins Mythisch-Schöne erheben.

Bild

 

_________

1 = eine ethische Grundhaltung, die den Krieg prinzipiell ablehnt und danach strebt, bewaffnete Konflikte zu vermeiden, zu verhindern und die Bedingungen für dauer-haften Frieden zu schaffen; von lateinisch „pax“ = „Frieden“).

 

1. Buch

1. Teil

2.040

  Verse

11

  Kapitel

 

Ander Teil

4.434

  Verse

26

  Kapitel

   

6.474

  Verse

37

  Kapitel

           

Ander Buch

1. Teil

1.060

  Verse

6

  Kapitel

 

Ander Teil

3.114

  16  
 

3. Teil

1.186

  7  
 

4. Teil

702

  5  
 

5. Teil

672

  7  
 

6. Teil

574

  Verse

5

  Kapitel

   

7.308

  Verse

46

  Kapitel

           

3. Buch

1. Teil

3.000

  Verse

17

  Kapitel

 

Ander Teil

816

  7  
 

3. Teil

1.986

  Verse

12

  Kapitel

   

5.802

  Verse

36

  Kapitel

           

Insgesamt

 

19.584

  Verse

119

  Kapitel

 


Die Verse nach Dietmar Peil, „Froschmeuseler – Texte der Erstausgabe von 1595“, 1989,

die Kapitel nach Roland Richter, „Froschmeuseler: Ein rhetorisches Meisterstück“, 1974.

 

Das Froschmäuseler-Epos ist eigentlich ein sozialzeitliches und ein sozialkritisches Lehrbuch, dessen 3 Bücher durch die Handlung zusammengehalten werden. So ergeben sich aus dem Wechsel zwischen dem unterhaltenden Fortgang der Handlung und den belehrenden Unterbrechungen 2 Aspekte des Buches:

 

Unterhaltung und Lehre.1

 

Wie schön das Zitat:

 

„Denn nie des Schreibers (= Rollenhagens) Meinung war,

daß er wollt(e) lachen ohne Lahr (= Lehre).“

 

Rollenhagen macht es dem Leser nicht leicht, den Faden der Geschichte durch die vielfältigen Einschiebungen und Verschachtelungen zu folgen. Die chronologisch fortschreitende Zeitebene der Haupthandlung wird durch unzählige Zeitenwechsel, Rückwendungen und gleichzeitige Erzählerkommentare in viele kleine Handlungssplitter zerlegt.


 

 

 

 

Die Rahmenhandlung des Froschmäuselers beginnt in Kapitel 2 von Buch 1. Der Ort der Handlung ist ein See am Falkenstein im Harz (am nördlichen Ostharz bei Reinstedt-Sinsleben, zwischen Quedlinburg und Aschersleben), an welchem sich das Königreich der Frösche befindet.

 

 

 

 

 

Als ein vornehmer Mäuseherr, der Mäuseprinz Bröseldieb, mit seiner Gesellschaft dort auf Jagd geht, wird er vom Froschkönig Bausback gastfreundlich eingeladen, was zu einer angeregten Unterhaltung der beiden führt: 2 Kapitel lang stellt sich der Mäuseprinz heroisch vor.

 

Als Beispiel für einen Lehr-Einschub:

 

Um zu zeigen, daß man mit dem eigenen Stand zufrieden sein soll, erzählt der Froschkönig 4 Kapitel lang die Geschichte des griechischen Sagenhelden Odysseus. 2 Kapitel lang antwortet der Mäuseprinz mit der Darstellung der Geschichte von der Feldmaus, die in die Stadt geht.

 

Die Handlung geht in Kapitel 11 weiter. Der Froschkönig schildert die Gefahren, die den Fröschen drohen. In Teil 2 von Buch 1, Kapitel 1, erwidert dies der Mäuseprinz mit der Aufführung der Gefahren für die Mäuse durch die Katzen.

 

Hier folgt eine ausschweifende Erzählung (24 Kapitel) über die Katze Murner und Reinicke Fuchs.

 

Im 2. Buch erzählt der Froschkönig von der Froschpolizei.

 

In 44 Kapiteln ergeht er sich sodann in den politischen und religiösen Problemen des Froschreiches.

 

Danach (Buch 2, Teil 6, Kapitel 4) lädt der Froschkönig den Mäuseprinz schließlich zu einem Besuch in sein Reich ein. Nach anfänglichem Zögern nimmt der Mäuseprinz an, da dadurch sein Ehrbewußtsein gesteigert wird. Auf dem Rücken des Frosches wird die Maus über den See geführt. Doch als eine Seeschlange erscheint, taucht der Froschkönig ab und der Mäuseprinz ertrinkt.

 

Ein Jagdgenosse des Mäuseprinzen, der Jägermeister Tellerlecker, hat den Tod seines Prinzen beobachtet (Buch 3, Teil 1, Kapitel 1) und übermittel die traurige Nachricht dem Mäusekönig Parteckfresser und Mäusekönigin Leckmülle.

 

In einer Ratsversammlung der Mäuse (Buch 3, Teil 3, Kapitel 1) wird diskutiert, ob den Fröschen Krieg angesagt oder die Forderung auf Sühnegeld ausgesprochen werden soll.

 

Dabei kommen allerhand Fabeln, Märchen und Sagen zur Darstellung. In 12 Kapiteln wird über Krieg und Frieden gesprochen.

 

Die Entscheidung der Mäuse fällt für Krieg.

 

Die Frösche hingegen beratschlagen auch.

 

Auch hier wimmelt es von literarischen Beispielen aus der Vergangenheit. Als Beispiele seien hier nur die Sage vom Rattenfänger von Hameln und die Sage von Bischof Hatto aus Mainz genannt, die den Fröchen zeigen, daß sie es bei den Mäusen mit gefährlichen Gegnern zu tun haben. Der Autor ergeht sich auch in der Abwägung einer offenen Feldschlacht, dem Verteidigungskrieg und der Hilfe durch fremden Beistand.

 

Schließlich nehmen die Frösche die Kriegserklärung der Mäuse an: also Feldschlacht.

 

Der 2. und 3. Teil des 3. Buches besteht ausschließlich aus Handlung: der 2. Teil berichtet von der Kriegsrüstung und den Schlachtplänen beider Parteien. Der 3. Teil beschreibt sodann die Feldschlacht.

 

Die Mäuse fallen auf eine List der Frösche herein und hätten fast verloren, wenn nicht Mäusefürst Freidlieb zuhilfe gekommen wäre, der vorher wegen seiner Friedlichkeit verlacht worden war.

 

Der Höhepunkt des Krieges ist der Zweikampf der beiden Könige. Der Froschkönig wird verwundet, die Mäuse haben gesiegt, die Frösche fliehen.

 

Mäuserich Brockenfraß setzt aber mit Kameraden den Fröschen nach und schneidet ihnen den Weg zum Wasser ab. Es beginnt ein neues Gemetzel, bei dem die Frösche drohen, ausgelöscht zu werden. Gott schickt Blitz und Donner gegen die Mäuse, um das zu verhindern, aber es hilft nichts. Erst Krebse vom Grund des Sees können den Mäusen Einhalt bieten, die gegen deren Panzerung machtlos sind. Mäuserich Friedlieb ist schließlich wieder ihr Retter, da es ihm gelingt, ihnen klarzumachen, sich nicht gegen Gott zu richten. Er führt die überlebenden Mäuse aus der Schlacht.

 

Am Abend kommen die Tiere aus dem Wald und fressen die herumliegenden toten Frosch- und Mäusekämpfer.

 

 

Nach (teilweise als Zitat): Roland Richter, „Georg Rollenhagens Froschmeuseler:
Ein rhetorisches Meisterstück“, Europäische Hochschulschriften, 1974

 _______

1 Anmerkung: Ein ähnliches Konzept, freilich ein deutlich strukturierteres, optisch ansprechendes und mit vielen vielen Bildern und Farbfotos versehenes, verfolgen beispielsweise die Romane aus der Buchreihe „Die Päpstin 2.0“ als sog. „Erklärbuch“ und das Buch über die Mäuseturmsagen.

 

 

„Der zu Hameln Historia“

3. Buch, 1. Teil

 

[2173] Ein Stadt liegt in Westsachsen-Land
an der Weser Hameln genannt.
Daselbst konnt man die großen Ratzen
weder druch Gift oder durch Katzen
vertreiben. Darumb ward bedacht,
wie ein Kunst würd zuweg gebracht,
durch man sie alle könnt teuffen (= in die Tiefe bringen),
[2180] in dem Weser-Strom gar ersäufen,
bis sich auch fand ein Wundermann,
mit bunten Kleidern angetan.
Der pfiff die Meuß zusammen all,
ersäuft sie im Strom auf einmal.
Da man aber nicht gar wollt zahlen,
was ihm war zugesagt vormalen (= vormals, vorher),
wie hart er auch den Rat besprach (= anklagte).
Der Stadt drawet sein Zorn und Rach,
daß er heimlich für der Gemein
[2190] nur auf dem Dorf konnt sicher sein.
Und eben um dieselbe Zeit
Johann und Paul feierten die Leut
derhalben in der Krichen sasßen,
war der Mann wieder auf den Gassen
und führt mich sich hinaus geschwind
hundert und dreißig liebe Kind,
die seiner Pfeif folgten die Stund
durch den Köpfenberg in den Grund,
der als (= wie) Wasser vonander floß,
[2200] und über sie allsamt zuschloß.
Die aber noch zu spät ankamen
und dies schrecklich Wunder vernamen,
wie ihr[e] Gespielen gingen zu Grund,
daß man ihr keins mehr sehen kunnt,
blieben besteh’n im Hinterhalt.
Die Eltern liefen und gruben bald,
weinten, riefen, fluchten und bet[e]ten,
ihr Kinder sie gern wieder hätten,
fanden aber nichts auch bis auf heut.
[2210] Ohn[e] viel schrecklicher Herze[n]leid,
denn Bethel uber vierzig zwei Kind
so von zwein Bär[e]n zurissen sind,
als sie Elisa Kahlkopf nannten,
weil ihr Eltern die [= die Kinderleichen] wiederfanden.
Und lernten mit sehnlichen Klagen,
ander Leuten das Sprichwort sagen,
„Wer Geld zu rechter Zeit veracht,
hat oft großen Gewinn ein[ge]bracht.“
Dies geschah als die Zahl im Jahr
[2220] zwölfhundertvierundachtzig war.
Seht nun wohl zu, fahrt nicht so geschwind,
daß auch nicht kost unser Weib und Kind,
wenn wir die Meuß ins Wasser senken,
[2224] nach der Kunst meisterlich ertränken.

 

 

„Die Meuß fressen einen polnischen König“

3. Buch, 1. Teil

 

[2251] Pompill, den anderen diesen Namens,
König in Polen, der seines Stammes
alle Verwandten umgebracht,
töten sie auch mit ihrer Macht.
Denn der gab für (= vor), er wäre schwach,
foddert (= fordert) sein Blutsreund ins Gemach,
begehrt, daß sie das Königreich
seinen beidne Söhnen zugleich
gönnen wollten ganz unvreändert,
[2260] wenn er durch den Tod von ihm wandert.
Als sie ihm das versprochen hatten,
auch ihre rechte Hand drauf taten,
bot er ihnen einen Ehrentrunk.
Als den auch annahm(en) Alt und jung,
hies er sie ein wenig abweichen,
(als) ob ein Schläflein ihn wollt bescheichen.
So bald sie aber gehen von ihm,
fallen Sie Tod vom Gift dahin,
Damit sein Weib nach seinen Willen
[2270] den Ehrentrunk hat lassen füllen.
Der König sprach zu der Geschicht,
die toten Mäuse beißen nicht.
Aber wie er in seinem Saal
darauf anstellt ein Freudenmahl,
und trunckener Weise im Juchzu (= jauchzend) spricht,
die toten Mäuse beißen nicht,
kommen ein Haufen Meuß gerannt
und beißen ihn an Füß und Hand,
fahren ihm nach dem Angesicht,
[2280] das re sich gar kann schützen nicht.
Er läßt ein Feuer um ihn her dammen (= als Damm um sich legen),
sie laufen durch Kohlen und Flammen.
Er läßt sich führen in das Meer,
sie schwimmen nach mit großem Heer.
Er steigt auf  den Turm Krotzwitzka,
sein Weib und Kind findet er alsda.
Die Meuß steigen mit Haufen nach
durch Fenster, Türen und Gemach,
fressen ihn, sein Weib und 2 Söhn.
[2290] Sein Reich, sein Freud, wird Spott und Hohn.

 

 

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